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Was konnte durch den Modellversuch bewiesen werden?



Die Möglichkeiten im Rahmen einer Vorsorgeuntersuchung anhand von anamnestischen Angaben oder anhand von Auffälligkeiten bei der klinischen Untersuchung eine Fehlbildung der Nieren und Harnwege festzustellen, sind so gering, dass sie praktisch keine Bedeutung haben. Bei keinem Kind wurde aufgrund eines klinischen Befundes im Rahmen des Screeningprojektes, also zum Zeitpunkt der ersten kinderärztlichen Früherkennungsuntersuchung U2 ein pathologischer Befund erhoben. Ähnlich dürfte es bei den folgenden Früherkennungsuntersuchungen aussehen, es sei denn, dass im Rahmen einer Komplikation - meistens ein Harnwegsinfekt - eine bildgebende Diagnostik veranlasst wurde.

Aufschlussreich hingegen waren die anamnestischen Erhebungen. Bei den Befragungen der Mütter gaben 2 bis 3% an, dass in ihrer Familie Nierenerkrankungen im Säuglingsalter beobachtet wurden.

Abb.1: Häufigkeit der Angabe von Nierenerkrankungen im Säuglingsalter

60% bis 70% dieser Erkrankungen traten bei Familienangehörigen ersten Grades auf.


Man kann aus diesen Befunden unschwer ableiten,
Es ist daher naheliegend, dass alle Möglichkeiten genutzt werden und wurden, eine bildgebende Diagnostik zur Früherkennung von Fehlbildungen einzusetzen. Der Zusammenhang zwischen kleinen, äußerlich sichtbaren Fehlbildungen und großen internen Fehlbildungen ist jedoch so gering, dass er für einen selektiven Einsatz der Bildgebung nicht geeignet ist. Große Erwartungen wurden daher an die präpartale Fehlbildungsdiagnostik geknüpft, zumal während der Schwangerschaft in der Regel deutlich mehr als die drei gesetzlich empfohlenen sonographischen Untersuchungen erfolgen. Verkannt wurde dabei die Schwierigkeit, dass Fehlbildungen an allen Organen auftreten können und eine systematische sonographische Untersuchung aller Organe sehr aufwendig und komplex ist. Je komplexer jedoch eine Untersuchung ist, umso weniger ist sie als Screening-Verfahren geeignet. Das geburtshilfliche Fehlbildungsscreening ist daher primär geeignet zur Syndromdiagnostik, weniger zur Diagnostik solitärer Organfehlbildungen, obwohl diese im Prinzip möglich ist.

Mit der Verbreitung der Sonographie in der Pädiatrie konnte jedoch die Früherkennung von Nierenfehlbildungen deutlich verbessert werden, ohne dass es jedoch gelungen wäre, schärfere Indikationen für die Sonographie zu entwickeln.
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Der Modellversuch hat eindeutig gezeigt, dass eine klar strukturierte sonographische Befunderhebung zu vergleichbaren Ergebnissen führt. Dies gilt sowohl für Vergleiche zwischen standardisiert ausgebildeten Berufsanfängern eines Zentrums wie für Vergleiche unterschiedlicher Zentren. Morphologisch unzureichend fassbare Größenveränderungen der Niere, des Nierenbeckens und der Harnleiter können durch die Messwerte klar eingegrenzt werden.
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Im Unterschied zu den Voruntersuchungen in Wiesbaden, wo man sich bei der Bewertung der Befunde auf normal und kontrollbedürftig mit unterschiedlicher Dringlichkeit beschränkte, wurden bei der Ausweitung des Screenings nach Frankfurt Normwerte und Diagnosen mit eingeführt.
Eindeutig konnte gezeigt werden, dass die Normwerte "Nierenvolumen" und "Nierenbecken" zu einer guten Vergleichbarkeit der Ergebnisse führten. Die gute Vergleichbarkeit war nicht nur bei den Beschreibungen und Messwerten gegeben, sondern auch bei den Diagnosen.
Große Unterschiede ergaben sich jedoch bei den Befundbewertungen. Dies hatte auch Einfluss auf die Diagnosen, die klinisch von sehr geringer Bedeutung sind (z.B. Doppelniere ohne sonstige Auffälligkeiten).
Die Bewertungen der Screening-Untersucher wurden stärker beeinflusst durch die Diagnosen als durch die Zielsetzung des Screenings.
Dabei waren die Zielsetzungen des Screenings von Beginn an festgelegt, nämlich Kinder zu identifizieren, deren Nierenentwicklung gefährdet ist
Dass die definierten Risikofaktoren nicht nur in Wiesbaden, sondern auch in Frankfurt die gleichen Entwicklungsrisiken beinhalteten, konnte während des Modellversuches überprüft werden. Die Unterschiede in den Kontrollempfehlungen lassen sich nur durch unterschiedliche Ausbildungen erklären und sind sicher nicht methodisch bedingt. Es ist daher davon auszugehen, dass durch regelmäßige Qualitätszirkel diese Unterschiede auszugleichen wären.
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Da für die Untersuchungen der Nicht-AOK-Mitglieder die Eltern die Untersuchungen vorfinanzieren mussten, erfolgten in der Regel keine Untersuchungen bei Kindern, bei denen pränatal bereits ein auffälliger Befund festgestellt wurde. Ein pathologischer pränataler Befund stellt eine eindeutige Indikation für eine sonographische Nachunteruntersuchung, die dann keine Screening-Untersuchung mehr ist.
In Frankfurt konnte nur etwa die Hälfte der Geburten screeningmäßig erfasst werden.
Leider sind retrospektive Untersuchungen aus unterschiedlichen Kliniken aufgrund unterschiedlicher Dokumentation schwer vergleichbar. Hinzu kommt, dass wir keine Unterschungen machen konnten, welche Auswirkungen das Screening auf die niedergelassenen Praxen hat. Trotz dieser Einschränkungen ergaben die klinischen Nachuntersuchungen sehr interessante Ergebnisse.
Zusammenfassend kann also festgehalten werden, dass eindeutig präventive Effekte des Screenings nachweisbar waren und dass die Vergleichbarkeit der Ausgangsbedingungen eine wichtige Voraussetzung für ein notwendiges Qualitätsmanagement in der Kinderurologie wären.
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Man kann aus den Ergebnissen des Modellversuches zwei Schlussfolgerungen ziehen.
Ad 1) Es ist schwer vorstellbar, dass man prä- wie postnatal auf eine bildgebende Diagnostik von Erkrankungen verzichtet, von denen man weiß, dass sie früh nur durch den screeningmäßigen Einsatz der Sonographie erkannt werden können. Praktisch bedeutet dies, dass man die Indikationen zur Durchführung der Untersuchung zukünftig wahrscheinlich immer großzügiger handhaben wird, so dass der Unterschied zum Screening primär in der unzureichenden Erfassung und der unterschiedlichen Begründung der Untersuchung zu sehen ist. Die daraus abzuleitende Folgediagnostik und -therapie ist - wie es auch gegenwärtig geschieht - nur durch Konsenspapiere von Fachgesellschaften einzugrenzen, die auf ihre Evidenz kaum noch überprüft werden können.

Ad 2) Wie wir in unserem Modellversuch gezeigt haben, gelingt es durch das Screening eine Risikokollektiv zu definieren, deren Nierenentwicklung auf unterschiedliche Weise gefährdet ist.

Gefährdet ist die Entwicklung der Niere durch erweiterte Harnwege,
Abb.3: Entwicklungsrisiken der dilatativen Uropathie

Gefährdet ist die Niere auch, wenn wir zu wenig Nierengewebe haben oder verändertes Nierengewebe vorliegt,

Erfolgt das Screening mit der Zielsetzung nur die Kinder zu identifizieren und speziell zu betreuen, deren Nierenentwicklung nachweislich gefährdet ist, dann ist es möglich auch die nachfolgende Diagnostik und Therapie darauf zu überprüfen, inwieweit sie diesen Zielen entspricht. Die Vorverlagerung der Diagnose aus dem klinischen Bereich in den Screeningbereich eröffnet die Chance, durch frühes Eingreifen irreversible Gewebsverluste zu verhindern. Wenn die Zahl der Filterkörperchen sinkt, erhöht sich automatisch der vorzeitige Verschleiß der verbliebenen Filterkörperchen durch ihre stärkere Belastung, ein Prozess, der durch eine arterielle Hypertonie noch verstärkt wird. Andererseits muss bedacht werden, dass durch das Screening auch Zustände erfasst werden, die noch keine Krankheit, sondern nur eine Krankheitsanlage darstellen und sich folglich auch in einen Normalzustand entwickeln können. Deshalb ist es essentiell, dass sowohl die Diagnostik als auch die Therapie zielgerichtet sind auf die Risiken. Das bedeutet oft, dass die endgültige Diagnostik erst dann angestrebt wird, wenn sich unmittelbare therapeutische Konsequenzen daraus ergeben.


Das Zusammenführen der Dokumentation des Screenings sowie der Folgediagnostik und Folgetherapie führt zu einer präziseren Einschätzung der Risiken und leitet somit einen Prozess ein, der über ein kontinuierliches Benchmarking zu einheitlichen auf Evidenz beruhenden Diagnostik- und Therapiekonzepten führt.
Wo das Screening durchgeführt wird - ob auf Neugeborenenstationen durch Klinikärzte oder in den Niedergelassenen Praxen - ist ausschließlich eine Frage einer einheitlichen Dokumentation, der Bildung von Qualitätszirkeln und einer Infrastruktur, die es erlaubt, Daten des Screenings mit den Verläufen zu verbinden.
Erfolgt das Screening auf den Neugeborenenstationen durch Kinderkliniken, so hätte diese Vorgehensweise den Vorteil, dass sie mit einer Ausbildungsfunktion verknüpft werden kann. Nachteilhaft ist, dass die Kliniken abhängig sind von den Zuweisungen der Niedergelassenen und natürlich auch von dem Zuweisungsauftrag.
Erfolgt das Screening durch die Niedergelassenen, müsste verpflichtend festgehalten werden, dass nicht nur das Screening in einheitlicher Dokumentation erfolgt, sondern auch die Folgediagnostik und Folgetherapie zentral an eine Stelle weitergeleitet wird. Da letztlich die Niedergelassenen die Weichen für oder gegen eine weiterführende Diagnostik oder Therapie stellen, läge es in ihrer überprüfbaren Verantwortung, gefährdete Kinder einer entsprechenden Betreuung zuzuweisen und Überweisungsaufträge sowie deren Ergebnisse einer Zentrale mitzuteilen.
Im Rahmen des Modellversuches wurde für beide Vorgehensweisen die entsprechende Software zur Realisierung der Vorstellungen entwickelt. In Wiesbaden erklärten sich die Niedergelassenen Kinderärzte bereit, in dem von dem Förderverein entwickelten Strukturen das sonographische Screening der Nieren und Harnwege fortzusetzen.

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